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Evangelischen Stiftung Alsterdorf
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Die Möglichmacherin

Mit dem inklusiven Kulturprojekt „zusammenkultur“ will das Quartier-Projekt Q8 der ESA Menschen mit Behinderungen und Kultur zusammenbringen. Dafür ebnet Projektleiterin Conny Zolker Wege zu Theater, Musik und Kunst. Und lässt Menschen in Workshops kreativ werden.

Portrait Conny Zolker, Foto: Axel Nordmeier
Projektleiterin, Erfinderin, Motor, Herz und Hirn von „zusammenkultur“, dem inklusiven Kulturprojekt von Q8: Conny Zolker

Text: Sandra Wilsdorf, Fotos: Axel Nordmeier (Portrait), Timon Kronenberg (Gruppenfoto)

Mal ein Ballett erleben oder in den Hamburg Dungeon gehen? Zusammen mit anderen Bilder malen oder erleben, wie Sand und Kleister sich anfühlen und was aus ihnen entstehen kann? Conny Zolker macht Kunst mit allen Sinnen und für alle Sinne. Sie bringt Menschen mit Behinderungen zur Kunst oder die Kunst zu den Menschen – je nach deren Möglichkeiten und nach dem, was sie selbst wollen. Kunst ist für sie eine Sprache der Inklusion: „Kunst kann dazu beitragen, sich besser zu spüren oder gemeinsam mit anderen etwas zu erleben, etwas zu tun, gemeinsame Interessen zu teilen“, erklärt sie.

Conny Zolker ist Projektleiterin, Erfinderin, Motor, Herz und Hirn von „zusammenkultur“, dem inklusiven Kulturprojekt von Q8. Das Projekt arbeitet trägerübergreifend und sozialraumorientiert, also geleitet vom Willen und den Ideen des Einzelnen und überall dort, wo die Menschen sind. Früher war Conny Zolker mal in der Textilwirtschaft tätig, hat als Coach gearbeitet und war bei der Stiftung Berufliche Bildung. Seit 2016 arbeitet sie bei der Evangelischen Stiftung Alsterdorf (ESA), zunächst für das erste inklusive Quartier auf dem Gelände der Stiftung, die Alsterdorfer Gärten.
Als sie und ihre Kolleg:innen für das Projekt „Beteiligung im Quartier“ (BIQ) gerade dabei waren herauszufinden, wie genau Menschen mit Behinderungen partizipieren wollen und können, beendete die Coronapandemie die persönlichen Begegnungen abrupt.

„Ich stülpe niemandem etwas über. Wenn jemand etwas ausprobieren möchte, dann frage ich: ,Was braucht es dafür?‘“ -- Conny Zolker

„Wir hatten Kontakt zu vielen Familien und deren Kindern mit Behinderung aufgebaut und mir war klar, wie besonders dramatisch für sie die Isolation und der Wegfall der Unterstützung waren“, erzählt Conny Zolker. Und da erfand sie kurzerhand „die Kunsties“ – ein inklusives und digitales Kinder-Kunstprojekt: Kinder erhielten bei sich zu Hause unterschiedlichste Materialien, entschieden selber, wann, wie und was sie damit machten, und auch, ob mit oder ohne Unterstützung. Auf einer dafür eingerichteten digitalen Plattform konnten die Kinder dann Steckbriefe von sich und Fotos von ihren Werken hochladen und so die anderen an ihrer Kunst teilhaben lassen. Außerdem gab es jede Woche Videos mit Beispielen für den Umgang mit verschiedenen Materialien. Kinder und Eltern waren begeistert.

Aus diesem Projekt entstand 2022 „zusammenkultur“. Die Idee: Kunst erleben und Kunst machen für und mit Menschen, die sonst kaum einen Zugang dazu haben. Denn es gibt in Hamburg zwar durchaus inklusive Kulturangebote, aber trotzdem finden die Menschen mit Behinderung oft nicht den Weg dahin: weil sie die Angebote nicht kennen, nicht wissen, wie sie hinkommen oder wie sie die Kosten dafür bezahlen sollen. Genau diese Zugänge schafft Conny Zolker – niedrigschwellig und überall in Hamburg.

Dabei findet sie zunächst heraus, was die Menschen möchten, um die es geht: „Ich stülpe niemandem etwas über. Wenn jemand etwas ausprobieren möchte, dann frage ich: ,Was braucht es dafür?‘“ Und dann schafft sie, was nötig ist. Oft muss sie dafür nur verbinden, was ohnehin da ist. Conny Zolker ist eine Möglichmacherin. „Ich möchte die Lücken überbrücken zwischen den Angeboten für Menschen mit Behinderungen und den Menschen mit Behinderungen selbst.“

Immer wieder aber erfindet sie auch selbst Angebote. Ein Kunst-Stand beim monatlichen „Kleidertauschmarkt“ der Kulturküche am Alsterdorfer Markt, eine Kooperation mit dem atelier lichtzeichen, ein Kunstprojekt mit Abschlussschüler:innen der fachschule für soziale arbeit alsterdorf und Demenzerkrankten, ein Projekt mit der alsterdorf assistenz west und anderen Trägern im Baakenhafen, bei dem vor allem junge Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen Ideen von Graffiti bis Holzarbeit umsetzen und auf dem Weihnachtsmarkt präsentieren: Es geht immer um das Gemeinsame. Von Jung und Alt, von behindert und nicht behindert und darum, „dass Menschen einander begegnen, die sonst nichts miteinander zu tun haben“.

Und es geht um Individualität, um Teilhabe: „Denn jeder hat eine Idee. In jedem Menschen schlummert etwas, aber manchmal braucht es jemanden wie mich, um das herauszukitzeln“, erklärt die Projektleiterin. Und wenn sie mit Menschen arbeitet, die ihre Vorstellungen nicht so leicht äußern können, dann macht sie eben Angebote, bei denen Kunst über die Sinne erlebbar ist – so wie bei dem Kunstprojekt im Kinderheim Erlenbusch.

Ganz unterschiedliche Bereiche der Ev. Stiftung Alsterdorf, aber auch andere Träger machen Projekte mit „zusammenkultur“, das inzwischen stundenweise verstärkt wird durch eine Kollegin und einen Kollegen.

Aktuell macht Conny Zolker gerade ein Projekt bei der alsterdorf assistenz ost in Bergedorf. Dabei machen Erwachsene mit Behinderungen und ihre Kinder Kunst: einmal nur die Erwachsenen, einmal nur die Kinder – Kunst als Kommunikationsmittel, draußen und mit einfachen Mitteln. Die Projektleiterin sagt: „Das Erlebte soll auch ein Schatz sein für schwierige Zeiten.“

Dass ihr jemals die Ideen ausgehen, glaubt Conny Zolker nicht: „Ich brenne für das, was ich tue. Ich liebe meine Arbeit und bin so dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, so zu arbeiten.“ Die Möglichkeit, zu ermöglichen.

Gruppenfoto, Foto: Timon Kronenberg

Trägerübergreifende Zusammenarbeit: Conny Zolker (Q8), Britta Ipsen, Martina Schlinke und Susanne Okroy (alle Erlenbusch) vermitteln schwerstbehinderten Kindern einen basalen Kunstzugang.

 

Beitrag aus "Alsterdorf - Magazin der Evangelischen Stiftung Alsterdorf" - 01.2024

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